Buch 03: Die Entwicklung des Geistes

Die Lehre von der Erkenntnis

Diskurs 03.01


Materie schafft Geist, nicht Geist schafft Materie

(1) Hat der Geist die Materie geschaffen oder die Materie den Geist?

Das ist im abgelaufenen abendländischen Denken die elementare Frage, durch die sich das Wirklichkeitsverständnis immer wieder polarisiert hat: Schafft Geist Materie oder schafft Materie Geist? Auf der einen Seite die spekulativ-subjektive Religionsposition, die den Geist als die Voraussetzung allen Daseins postuliert; auf der anderen Seite die säkular-objektive Wissenschaftsposition, die die Materie als Grundlage allen Seins definiert. Diese Kontroverse bestimmt auch in unserer modernen Welt die allgemeine Bewusstseinslage.

Alle naturwissenschaftlichen Erkenntnisse weisen heute darauf hin, dass die Materie dem Geist vorausgegangen ist, also die Materie den Geist geschaffen hat und schafft. Gerade die moderne Gehirnforschung macht es zwingend einsichtig, dass Geist nur in materiellen Grundstrukturen möglich ist wie eben in einem funktionierenden materiellen Gehirn und damit in rein diesseitig-materiellen Strukturen. Ausschließlich Materie schafft Geist.

(2) Im Kontra dazu:   Geist schafft Materie

Doch der Geist ist im Bewusstsein der meisten Menschen gar kein körperlich-physikalisches, sondern ein eher religiös-irrationales Phänomen. Es gibt reichlich philosophische und religiöse Bücher gerade auch über den Geist des Menschen, in denen kommt der Begriff Gehirn überhaupt nicht ein einziges Mal vor. Entsprechend tauchen in all den endlosen Diskussionen mit religiösen Menschen über Gott, Geist und Mensch wissenschaftliche Betrachtungen des Gehirns überhaupt nicht auf. Religiöse Gesprächspartner vermitteln den Eindruck, sie könnten alles Geistig-Spirituelle ohne rationale Wissenschaft erklären, ja, sie müssten wegen der dadurch gegebenen Alleinstellung des Menschen die Geistqualität vor naturwissenschaftlichen Erklärungen schützen, heilig halten. Geradezu empört werden Erkenntnisse der Gehirnforschung abgelehnt, so als dürfe man sich angesichts der Heiligkeit des Geistes mit profanem Wissen darüber nicht befassen. Auch nur die Möglichkeit, dass zwischen geistiger Welt und materiellem Gehirn eine Beziehung bestehen könnte, wird in vollem Unverständnis abgewiesen.

Gott haucht dem Menschen seinen Odem ein

Entsprechend wird der Mensch trotz aller naturwissenschaftlichen Erkenntnisse auch heute noch eher jenseitig definiert. Das Menschsein bleibt mit einem magisch-transzendenten Schein umhüllt. Offen oder versteckt gilt Gott weiterhin als creator hominis, als Schöpfer des Menschen. Letzter Grund dafür ist noch immer die Vorstellung, dass der Mensch als ein lebendes Wesen dem Geist Gottes entstammt. So erzählt die älteste Schöpfungsgeschichte des ALTEN TESTAMENTES in GENESIS (1. Mose), Kapitel 2, Vers 7, dass Gott dem Menschen seinen Odem, seinen Geist, eingehaucht habe. Theologen zu allen Zeiten haben von daher eine göttliche Geistgebung als den außergewöhnlichen Akt der Menschwerdung behauptet. So bezeichnet etwa der Alttestamentler Gerhard von Rad GENESIS 2,7 als den klassischen Beleg für die biblische Anthropologie und folgert bedeutungsschwer: Der sich mit dem Stofflichen verbindende göttliche Lebensodem macht den Menschen zu einem „Lebewesen“ sowohl nach der Seite des Physischen wie des Psychischen hin. Dieses Leben stammt direkt von Gott …1

Von daher wird der Mensch bis heute von sich selbst den Eindruck nicht los, dass das, was ihn speziell zum Menschen macht, eben sein von Gott persönlich eingegebenes geistiges Wesen sei. Darin liegt zugleich von alters her der Erwählungsstolz des Menschen: Der Mensch mag wissenschaftlich erscheinen wie er will. Im Letzten versteht er sich als etwas aus Gottes Geist Geschaffenes und sieht sich damit der Natur und der materiellen Welt gegenüber als qualitativ einzigartig. Auch der moderne Mensch mag sich am liebsten als geistige Krone göttlicher Schöpfung.

Das aber führt zu der religiösen Vorstellung, dass der Mensch eben in seinem eigentlichen Sein gerade nicht Natur sei, sondern etwas der Natur gegenüber wesensmäßig Überhöhtes. Deshalb sieht er sich auch nicht gerne an die Kette der Evolution gelegt, sondern stellt sich lieber dar als ihr gegenüber etwas Außergewöhnliches. Damit sträubt sich der Mensch im letzten Bewusstsein, seinen Platz in der Evolution des weltlichen Seins einzunehmen. Der Mensch ist deshalb bis heute noch immer nicht in seiner totalen Diesseitigkeit angekommen.

Ausschüttung des Heiligen Geistes

In und mit diesem Selbstverständnis wird die spekulative Hypothese festgeschrieben, dass der Geist der Materie vorausgeht. Setzt doch die These einer göttlichen Geistgebung an den Menschen notwendigerweise die These voraus, dass der Geist vor dem Menschen da war und mit dem Geist auch Gott als Schöpfer des Geschaffenen. Speziell in der christlichen Trinitätsdogmatik ist der Geist im Heiligen Geist wie Gott, Gott gleich, Gott selbst, allem voraus, immer schon und ewig. Geist ist damit die Beschaffenheit des wahren Seins, die Urqualität des Transzendenten, das Wesen des Göttlichen.

Alle Religion und Theologie denken mit dieser Geist-These dualistisch, in zwei qualitativ )minderwertigen Materie antithetisch gegenüber: Das Licht der Finsternis. Das Leben dem Tod. Das Heilige der Sünde. Das Gute dem Bösen. Das Ewige dem Vergänglichen. Der Dualismus kennzeichnet also den unüberbrückbaren Gegensatz zwischen Geist und Materie, .Himmel und Erde, Gott und Mensch, Schöpfer und Geschöpf, Von daher kann und darf das Geschöpf Mensch keinen natürlichen Geist aus sich selbst heraus haben. Alles Irdische kann Geist – so Religion und Theologie – allein aus dem Jenseitig-Göttlichen haben.

Der Ideenwelt-Philosoph Platon

Die spekulative Philosophie des Abendlandes hat weitgehend den religiös-theologischen Geist-Ansatz übernommen, ja, sie hat ihn zum Teil sogar selbst mit geschaffen. Allen voran war der altgriechische Philosoph Platon (-4252 bis -358) dafür der frühe Wegweiser. Gerade er hat in seiner Philosophie gegen die diesseitige Welt eine jenseitige Welt der Ideen behauptet, in der allein alle positiven Seinswerte ursächlich gegenwärtig und wirksam sind. Der platonische Einfluss in der abendländischen Philosophie bedeutet also immer ein Denken auf eine metaphysische geistige Idealwelt hin, die der diesseitigen materiellen Welt unüberwindbar gegenübergestellt ist.

Nach Platon sind dann später durch den permanenten Einfluss der christlichen Theologen Paulus, Augustin, Luther, um nur die Brückenköpfe in der Theologiegeschichte zu nennen, metaphysische Geistparameter tief in das philosophische Denken des Abendlandes eingedrungen, ohne dass (oft bis heute) deren idealistisch-spekulative Erkenntnisprämissen vernunftgemäß ausreichend hinterfragt wurden. Wie selbstverständlich denkt speziell die etablierte deutsche Schul-Philosophie – von Kant über Heidegger und Jaspers bis hin zum stark gealterten Habermas – auch heute noch idealistisch-religiös.

Der Weltgeist-Philosoph Friedrich Hegel

Der letzte ganz große exponierte Vertreter in dieser Reihe der Geist-Philosophie war Friedrich Hegel (1770-1831) am Anfang des 19. Jahrhunderts. Mit der Kategorie Weltgeist entwickelte er eine umfassende Spekulationstheorie des wirklichen Seins („Das Geistige allein ist das Wirkliche“) mit der Behauptung, dass unabhängig vom Materiellen der Geist schon immer war und ewig sein wird:

– Der Geist bestand  v o r  aller Welt
als die Totalität aller Ideen in der jenseitigen göttlichen Weisheit.

– Der Geist durchdringt  i n  der Welt
als dialektisch-zielstrebende Vernunft die Natur und die Geschichte.

– Der Geist erreicht  n a c h  der Welt
als Ganzheit der Wahrheit
die höchste Stufe absoluter göttlicher Vollkommenheit.

Selbst moderne Menschen heute sehen den Geist des Menschen viel lieber als exklusive göttliche Qualität, die ihnen irgendwie zugeeignet ist. Nicht gläubig-religiös, sondern abergläubisch-esoterisch behaupten sie mit tollkühnen Theorien über Geistemanationen oder Seelenwanderungen einen Weltgeist, der irgendwie alles überwölbt. Von irgendwelchen materiellen Vorausbedingungen solcher Geistexistenz und damit des Geistes überhaupt ist dabei nie die Rede. Er existiert offenbar einfach irreal vor sich hin, ungeschaffen ewig.

(3) Materie schafft Geist.

Gegen diesen spekulativen Ansatz von Religion und Theologie, speziell aber auch gegen die von Platon geprägte Ideen- und Geistphilosophie und gegen die moderne Esoterik führt die säkular-objektive Rationalität der Naturwissenschaften zu völlig anderen Ergebnissen, letztendlich zu einer radikalen Aufhebung dieser gesamten spekulativ-metaphysischen Geistvorstellungen. Gerade die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse der modernen Gehirnforschung heben die These

– Der Geist geht der Materie voraus und schafft die Materie
auf und ersetzten sie durch die Feststellung:

Die Materie geht dem Geist voraus und schafft den Geist.

Auf dem Totenbett: Erloschener Geist

Doch nur sehr langsam setzen sich die neuen Erkenntnisse der wissenschaftlichen Gehirnforschung im allgemeinen Bewusstsein durch. Meistens erst dann, wenn bei einem nahe stehenden Menschen das Gehirn einen schweren Schaden erlitten hat und plötzlich der Geist des  Menschen zu Teilen  oder ganz ausfällt – etwa bei einem Gehirntumor oder einem Schlaganfall, bei denen bestimmte Gehirnbereiche, etwa das Sprach- oder das Bewegungszentrum ausgeschaltet werden; oder bei einem schweren Motorradunfall, durch den das Gehirn von außen zu großen Teilen irreparabel zerstört worden ist; oder nicht zuletzt bei der Alzheimer Erkrankung, bei der aufgrund organischer Gehirnschädigungen das Gedächtnis und der Erinnerungsbestand Schritt für Schritt in Demenz verloren geht. Letztlich natürlich auch mit dem Tod, durch den das Gehirnsystem total zum Erliegen kommt und damit die gesamte Geisteswelt des Menschen erlischt.

Menschen im Umfeld solcher gehirngeschädigter Menschen stellen dann meistens völlig überrascht fest, dass der Geist des Menschen und alle seine Derivate, sein Denken und Bewusstsein, sein Wissen und seine Erinnerungen, seine Erkenntnisfähigkeit und sein zielgerichtetes Handeln, vom materiellen Zustand des Gehirns und seinen funktionalen Strukturen abhängig sind. Alles was mit dem geistigen Vermögen zusammenhängt, hat seinen Ausgangs- und Abschlusspunkt nicht nur generell sondern auch speziell im Gehirn, also unmittelbar in der materiell-organischen Körperlichkeit des Menschen.

Erlischt das Gehirn, erlöschen die Gehirne, erlischt die Welt des Geistes für immer. Diese materielle Geist-Definition ist eine Basisaussage des atheistischen Wirklichkeitsverständnisses. Von dieser Definition her sind alle Aussagen über den Menschen neu zu durchdenken – die Aussagen zu seiner evolutionären Herkunft und Entwicklung, zu seiner Stellung in der Natur, zu seiner eigenen Geisteswelt, zu seiner Lebenseinstellung, zu dem Ende seines Daseins. Wir geben nachfolgend in (4) mit 15 säkularen Schlussfolgerungen einen Überblick über die Zentralpunkte, mit denen in den ATHEODOC-Büchern 02 bis 04 ein derartiges atheistisches Menschenbild entworfen wird.

(4) 15 säkulare Erklärungen zur materiellen Welt des Geistes.
Erklärungen 1 – 4:
Das Gehirn als die materielle Basis allen Geistes

Erklärung 1:   Alles Denken und alles individuell Gedachte funktionieren nur und haben Bestand, so lange das Gehirn funktioniert. Wenn bei einem Menschen das Gehirnorgan zum Teil oder ganz ausfällt, fallen bei dem Menschen je nach Betroffenheit der materiellen Basis die gehirnspezifischen geistigen Fähigkeiten zum Teil oder sogar völlig aus.

Erklärung 2:   Würden – warum auch immer – alle menschlichen Gehirne auf Erden erlöschen, gäbe es keinen Geist mehr. Es gäbe keine Basis mehr, aus der heraus gedacht werden könnte. Alles Bewusstsein, alle Erkenntnisse, alles Wissen, alle Ideen, alle Spiritualität, alle Kultur, alle Musik, alle Literatur, aller menschliche Spaß wären tot. Auf der Erde bestünde nur noch geistlose Natur. Die Welt des Geistes wäre total erloschen.

Erklärung 3:   Die Zeit auf der Erde, bevor sich das Gehirn des Menschen soweit entwickelt hatte, dass es denkfähig und sich seiner selbst bewusst wurde, ist eine derartige Zeit geistloser Natur gewesen. Bis zu den ersten Denkansätzen der Hominiden waren die atomare wie auch die biologische Evolution der Erde nahezu 4,5 Milliarden Jahren lang ohne jede geistige Regung abgelaufen. Die Erde war bis vor 4 bis 5 Millionen Jahren ein völlig geistloser Planet.

Erklärung 4:   Die Welt des Geistes, die Zeit der Denkfähigkeit und der Bewusstwerdung des Menschen, lässt sich also bestimmen als eine sehr späte materielle Evolutionsstufe auf dem Planeten Erde, eine in sich geschlossene Naturphase von einem realen Anfang bis zu einem möglichen realen Ende. So wie die Welt des Geistes aus der Natur heraus entstanden ist, so wird sie wieder erlöschen, wenn die Naturvoraussetzungen verloren gehen. Die gesamte menschliche Geistepoche unterliegt nicht nur individuell, sondern auch generell dem Naturprinzip von Werden und Vergehen.

(5) Erklärungen 5 – 10: Die Sonderstellung des Menschen

Erklärung 5:   Die Welt des Geistes im Menschen und nur im Menschen verschafft dem Menschen gegenüber der Gesamtentwicklung der Natur eine eindeutig naturbedingte Sonderstellung. Seine Denkfähigkeit ist sein naturentwickeltes Alleinstellungsmerkmal. Der Mensch ist fraglos ganz und gar ein Stück Natur, aber aufgrund seiner exklusiven Geistfähigkeit ein ganz besonderes Stück Natur.

Entwicklung des aufrecht gehenden Menschen

Erklärung 6:   Denn mit der zunehmenden Denkfähigkeit entstand im Menschen ein eigenständiges Bewusstsein. Im ihm entwickelte sich die einzigartige Möglichkeit, Erfahrungen zu reflektieren und sich daraus Dinge beliebig vorstellen, erklären und planen zu können. Aus diesen Menschen internen Selbstreflexionen heraus entstanden seine gesteigerten rationalen Denkfähigkeiten. Aus dem so Gedachten entwickelte sich die Welt des Geistes.

Erklärung 7:   Entwicklungsgeschichtlich ist anzunehmen, dass die Denkfähigkeit eine Weiterentwicklung aus dem Limbischen System ist: Aus ihm, dem älteren Gehirn heraus, entwickelte sich ein neuer Gehirnteil, der Neo-Kortex, das Denkhirn. Dieses Denkhirn bildete sich zusätzlich zu den vorhandenen fünf Sinnesorganen (Augen, Ohren, Nase, Mund, Haut) gleichsam als ein sechstes Sinnesorgan, um die Fähigkeit des Menschen zu verbessern, sich gegenüber der Außenwelt zu schützen.

Salvadore Dali, Surrealistisches Bild „Zeituhren“

Erklärung 9:   Die Denkfähigkeit des Menschen ist ursächlich also nicht auf objektives Erkennen der Realität angelegt, gleichsam um wissenschaftliche Definitionen der Wirklichkeit zu erstellen. Vielmehr entwickelte sie sich zur subjektiven Interpretation und Bewertung der menschlichen Erfahrungen mit seiner Umwelt. Dabei entstand im Menschen zunehmend eine eigenständige Kopfwelt, ein reflektierender Spielraum, in dem er sich denkend alles so einrichten konnte und kann, wie er es für sich möchte. In seiner Kopfwelt kann er beliebig Zeit und Raum  überschreiten, Zusammenhänge herstellen oder aufheben, nach Begründungen suchen oder diese auch willkürlich verschieben. Er kann Fehleinschätzung und Irrtümer produzieren, logische Widersprüche jeder Art, Befürchtungen und Ängste, Hoffnungen und Wünsche.

Erklärung 10.   In seiner Kopfwelt kann sich der Mensch sogar gegen die reale Wirklichkeit eine Antiwelt aufbauen, in der sich seine Ich-Wirklichkeit total verselbstständigt. In ihr kann das Ich beliebig glauben und spekulieren, kann Situationen erträumen, Zukunftspläne machen, unerreichbare Ziele anstreben, Sterne vom Himmel holen, jede Menge Utopien und Visionen produzieren, für sich selber das Schönste oder Schlimmste denken. So kann er sich eine Welt des Geistes aufbauen, die mit der realen Wirklichkeit überhaupt gar nichts zu tun hat, zum Beispiel die irreale Jenseitswelt der Religion und der Theologie.

(6) Erklärungen 11 – 15:  Die Freisetzung des weltlichen Vernunftdenkens

Erklärung 11:   Von daher gerät der Mensch mit seiner subjektiven Kopfwelt in vielartiger Weise in mögliche Distanz zu sich selbst als reale Natur. Er steht mit seinem subjektiven Denken als Natur gegen Natur. Seine Welt des Geistes ist ein freier Existenzraum, den die Natur im Menschen als Natur gegen sich selbst geschaffen hat. Diese Kopfwelt des Menschen ist der einzige Ort in der Realität, in der Natur nicht mit der Natur konform läuft.

Denn das vom Menschen Gedachte ist zwar Produkt der materiellen Realität, aber es beinhaltet nicht zwingend die Realität. Im vom Menschen Gedachten entstehen Dinge, die es in der Realität gar nicht gibt oder sogar gar nicht geben kann, absolute Unmöglichkeiten. Solche Widersprüche zur realen Welt liegen also nicht in der realen Natur selbst, sondern in der Differenz des subjektiven Bewusstseins des Menschen zur realen Natur, also im Verständnis des Betrachters, damit ausschließlich im Denken des Menschen innerhalb seiner subjektiven Antiwelt. Von hier aus stellt sich die Frage nach dem freien Willen des Menschen noch einmal völlig neu.

Erklärung 12:   Eine solche typische Antiwelt zur realen Wirklichkeit bilden alle spekulativ-religiösen Vorstellungen vom Jenseits, von einer himmlischen Welt also, die eigenständig außerhalb unserer Welt existiert. Je konträrer sich diese virtuelle Welt gegen das Diesseits manifestiert, desto sehnsüchtiger kann sich der Mensch ins Jenseitige hineinsteigern, weil er denkt, dass er dort unantastbar sicher vor den Gefahren und dem Elend unserer Welt aufgehoben sei und dort für ewig leben könne. Gerade seine persönlichen Ängste und Hoffnungen produzieren seine religiöse Antiwelt zur Realität.

Salvadore Dali, Surrealistisches Bild „Himmelfantasien“

Die größte Spekulation des Menschen in seiner Kopfwelt ist deshalb Gott. Auf Gott hin vermag der Mensch dauerhaft alles zu projizieren, was er zu seinem eigenen Wohlbefinden haben möchte – selbst dann noch, wenn alle Realität dagegen spricht. Die Veranlassung zu seinem Gott-Glauben liegt also in seiner subjektiven Bedürfnislage (gemäß seinem Limbischen Gefühlssystem) und seiner persönlichen spekulativen Gedankenfreiheit (mittels seines Denksystems), in der er sich gegen die objektive Wirklichkeit alles anders, allzumal besser vorstellen kann. Dabei kann er mit seinem hoffenden Glauben mühelos jederzeit die Grenzen der natürlichen Realität ins Irreale hin und zurück überschreiten.

Die reale Wirklichkeit  ist von dieser geistig spekulative Kopfwelt des Menschen – im Positiven wie im Negativen – völlig unabhängig und funktioniert davon unberührt in ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten. Die Natur, das reale Sein, geschieht aus sich selbst heraus und ist als Welt der Natur in sich ohne – allzumal transzendente -Widersprüche. Es hat in sich keinerlei logische Probleme. Es evolutioniert, es existiert, es produziert, es vergeht, es stirbt. Natur setzt sich gegen alle Spekulationen und Widersprüchlichkeiten des menschlichen Gehirns – welcher Art auch immer – unerbittlich durch.

Erklärung 13:   Erst in der letzten Kulturphase der Menschheit, konkret seit dem Entstehen der modernen Naturwissenschaften vor etwa 350 Jahren, beginnt der Mensch sich zunehmend von seinen subjektiv orientierten Erkenntnisprinzipien zu lösen. Immer stärker tritt das wachsende Interesse an der objektiven Erkenntnis der realen Natur in den Vordergrund. Objektivität ist dabei die größtmögliche Annäherung des erkennenden Subjekts an die reale Welt ohne versubjektivierende Voraussetzungen und Denkmethoden, das bedeutet vor allem, ohne religiöse Projektionen.

In der naturwissenschaftlichen Forschung heute verobjektiviert die menschliche Rationalität nicht nur die Objektwelt, sondern zunehmend auch die ganze Subjektwelt, den Menschen selbst also in allen seinen geistigen Ausdrucksformen. Gerade auch als Subjekt des Erkennens wird der Mensch als Objekt in die Objektwelt eingereiht und wird dadurch rational erforschbar. Dazu gehören auch seine religiösen Bedürfnisse und ihre Ursachen.

Mit einer derartigen rationalen Forschung gerät der Mensch wissenschaftlich in letzte Distanz zu sich selbst, indem er sich selbst nicht nur in seinen körperlichen, sondern auch in seinen geistigen Phänomenen zum Forschungsgegenstand macht – mit seinen Ideen und Idealen, mit seinen Sinngebungen und Wertsetzungen, mit seinen Irrtümern und Fehleinschätzungen. Der Mensch selbst wird dabei auf wissenschaftliche Realität heruntergerechnet, wird mit sozialen Regelkreisen und Funktionsrhythmen, mit Leistungsprinzipien und Wirkungsgesetzen immer erklärbarer. Naturwissenschaftliche Forschungen lassen sich auf nichts mehr begrenzen. Sie nehmen den Menschen nicht aus, nicht einmal sein noch so persönliches Selbstverständnis oder seinen religiösen Glauben und seine geheimsten Wünsche.

Erklärung 14:   Das objektiv orientierte Denken ist prinzipiell atheistisch. Es löst die zwei Wirklichkeitsebenen Diesseits – Jenseits auf. Es setzt an die Stelle des dualistischen Weltbildes ein holistisches Seinsmodell mit einer in sich geschlossenen säkularen Einheit der Wirklichkeit. In ihm findet eine Transzendenz als reale Wirklichkeit nicht statt, also auch Gott nicht.

Ein derartig atheistisches Selbstbewusstsein, ein Leben und Denken ohne Gott, ist für einen Menschen erst möglich auf einer generell hohen Kulturstufe. Es bedarf eines in sich stabilen sozialen Umfeldes, in dem die Freiheit des Individuums prinzipiell dahingehend als Recht gewährleistet ist, dass sich der Mensch als erklärter Atheist bekennen und als autonomer Mensch leben darf und kann. Insofern hat die Zeit des Atheismus partiell gerade erst begonnen und liegt in ihrem Durchbruch weltweit noch vor uns in der Zukunft.

Erklärung 15:   Kosmisch gesehen ist eine Entwicklung der Welt des Geistes nicht auf die Erde beschränkt. Überall außerhalb der Erde, wo die Natur auf anderen Planeten uns ähnlich hohe Evolutionsstufen erreicht hat oder erreichen wird, ist nicht nur Leben vorstellbar, sondern auch Denkfähigkeit, Intelligenz und geistiges Bewusstsein. Dies sicher nicht genau in unseren Strukturen und Formen, aber doch wohl in Seinsmodellen, die der irdisch-materiellen Ausgestaltung analog sind.

Allerdings werden Lebewesen, die wir auf anderen Sternen entdecken könnten, wegen der weiten kosmischen Entfernungen aus Zeiten stammen, die lange hinter uns liegen – so weit zurück, dass ihre Welten des Geistes schon lange nicht mehr existierten könnten.

(7) Die materiell-wissenschaftliche Erklärung des Geistes hebt den geistigen Absolutheitsanspruch von Religion und Theologie auf

Die materiell-wissenschaftliche Erklärung des Geistes hebt einen transzendenten Geist in welcher Form auch immer auf. Sie erweist alle transzendenten Behauptungen der Religionen und der Theologien ausnahmslos als fromme Erfindungen des menschlichen Gehirns. Noch nie hat ein Gott, welcher Gott auch immer, aus dem Jenseits auf die Menschen herunter geredet, immer nur haben die Menschen aus dem Diesseits auf Gott zu geredet. Alles behauptete Reden Gottes ist deshalb nichts als Reden des Menschen über Gott. Selbst die höchsten Gottesoffenbarungen sind nichts weiter als Produkte des menschlichen Gehirns, sind menschliche Projektionen, sind Anthropologie. Der Mensch hat sich mit seinen Gedanken Gott für sein Menschsein zurechtgemacht. Gottes Geist ist immer Menschengeist. Der Mensch ist sich in seinen Gottesvorstellungen selber Gott.

Menschheitsgeschichtlich ist diese Feststellung, dass Religion und Theologie Produkte des menschlichen Geistes sind, eine höchst befreiende Selbsterkenntnis. Diese Erkenntnis zerstört keineswegs das menschliche Selbstbewusstsein, sie bringt es überhaupt erst zur vollen Geltung. Denn sie öffnet uns Menschen den Einblick in die Geschichte unserer eigenen Menschwerdung. Sie zeigt, wie der Mensch in einer langen geistigen Entwicklung mit seinem Denken und Erkennen Stufe für Stufe immer höher aufgestiegen ist. Was der Mensch heute ist, ist er in einem ganz langen natürlichen Wachstumsprozess selber geworden. Eben dabei ist

– die Religion die erste große Kulturstufe der Menschheit: Der Mensch wird sich in der frühen Religionszeit seines Geistes und damit seiner selbst bewusst. Dabei interpretiert er seine Wahrnehmungen aus seinem einfachen werdenden Ich-Erkennen. Natürlich sieht er sich mit seinem persönlichen Ich im Mittelpunkt seines Weltbildes. Er deutet alles auf sich zu und von sich her auf alles andere hin, immer in einem unmittelbaren personalen Bezug. Er kann noch gar nicht anders, als die Welt aus seiner gefühlten Betroffenheit heraus subjektiv zu verstehen. Von daher interpretiert er seine Welt in allen Bedürfnissen naiv, ja, fast kindlich in menschgestaltigen Geschichten, in Mythen. Religion ist gleichsam die Kindheitsphase der Menschheit.

– Die Theologie ist im nächsten Schritt die zweite große Kulturstufe der Menschheit: Der Mensch überschreitet in dieser Zeit sich selbst, tritt heraus aus seinem religiösen Ich-Kokon. Er entdeckt die Wirkung und Bedeutung seines sozialen Umfeldes, erkennt gesellschaftliche Bezüge, soziale Verpflichtungen und Abhängigkeiten, hierarchische Ordnungen. Er steht in seinem Bewusstsein nicht mehr persönlich im Mittelpunkt, sondern ist ausgerichtet auf externe Orientierung, die auf ihn Druck und Macht ausübt. Dabei geht sein persönliches Ich nicht verloren, sondern es transzendiert in ein Über-Ich, als weltliche und überweltliche Autoritäten in die Vorstellung von Göttern oder von Gott als jenseitige Ich-Gestalten. Von diesem Über-Ich her wird er fremd bestimmt. Auf dieses Über-Ich hin richtet er jetzt sein eigenes Leben aus, von daher erklärt er alle seine Wahrnehmungen. Ausdruck und Systematik dieses kollektiven Ich-Bewusstseins ist Theologie, eine ganzheitliche Neuordnung des Menschseins in dogmatischen Regeln, in Dogmen. Theologie ist gleichsam die Jugendphase der Menschheit, ihr Hineinwachsen in eine manifeste Lebensordnung.

Naturwissenschaften – Die dritte große Kulturstufe der Menschheit

– Die Naturwissenschaften sind schließlich im vorerst letzten Schritt die dritte große Kulturstufe  der Menschheit: In den Naturwissenschaften löst sich der Mensch in seiner objektiven Forschung aus seinem subjektiven Erkenntnisdruck. Er löst sich aus seiner persönlichen Ich-Betroffenheit. Er definiert die Welt nicht mehr in personalen Bezügen, sondern in objektiver Wirklichkeit. Der Mensch wird zum externen Beobachter. In dieser Position wird seine emotionale Dominanz aufgehoben, wird nicht mehr bestimmend ausgedrückt. Der Mensch distanziert seine Erkenntnisse in mathematischen Formeln, in denen er selbst subjektiv und transsubjektiv nicht mehr vorkommt. Seine Naturwissenschaften streben zur totalen Objektivität, in der der beobachtende Mensch selbst keine Rolle spielt. In dieser Denkwelt ist Gott als reale Objektivität nicht auffindbar. Es gibt ihn nicht. Er wird auch nicht mehr gebraucht. In einem naturwissenschaftlichen Versuch ist Gott nicht einmal mehr eine Hypothese. Naturwissenschaften sind gleichsam die Erwachsenenphase der Menschheit in einer säkular-objektiven Wirklichkeit.

Insgesamt ist die Entwicklung des menschlichen Geistes zu einer individuellen Persönlichkeit über Religion, Theologie hin zum naturwissenschaftlichen Denken eine fantastische Leistung des werdenden Menschen, die er in Jahrtausenden bis heute ganz allein fertig gebracht hat. Gerade auch Religion und Theologie sind ein großartiges Stück Menschheitsgeschichte. Denn wie die Naturwissenschaften vitaler Ausdruck unserer Zeit heute sind, so sind Religion und Theologie je typische Bewusstseinsstufen der uns vorausgegangenen Menschheits- und Menschengeschichte. Jede dieser früheren Kulturstufen ist bedingt durch ihre eigene generelle geistig-soziale Struktur, ist die Gestalt ihrer gesamtgesellschaftlichen Verhältnisse. Ohne sie gäbe es unsere Kulturstufe heute nicht.

(8) Als Bewusstseinsstufen der geistigen Menschheitsgeschichte müssen Religion und Theologie atheistisch nicht bekämpft werden

Religion und Theologie gehören damit als geistige Entwicklungs- und Bewusstwerdungsstufen der Menschheit allen Menschen als großartiges Erbe ihrer Geistesgeschichte, ebenso wie die Naturwissenschaften heute auch allen Menschen gehören. Genau genommen sind Naturwissenschaften heute letztlich nur eine lineare Fortsetzung der geistigen Prozesse von Religion und Theologie auf einem höheren Realitätsniveau. Insofern haben auch diese elementaren Bewusstseins-Vorstufen existentiell volle menschliche Berechtigung, beinhalten alte menschliche Erfahrungen, alte menschliche Werte und Lebenskonzepte. Sie sind der Menschheitsgeschichte wesensmäßig systemimmanent.

In diesem Sinne müssen Religion oder Theologie als erfahrene menschliche Selbsterkenntniswege atheistisch nicht bekämpft, sondern als geistiger Allgemeinbesitz anerkannt werden3. In diesem Sinne haben die säkularen Verfassungen westlicher Demokratien Religion und Theologie grundsätzlich als persönliches Grund- und Menschenrecht anerkannt und geschützt4.

Das Verfassungsrecht deklariert den freien Geist als ein Naturrecht, als von der Natur vorgegeben gegenüber einem Kulturrecht, das sich aus sozialen Machtverhältnissen entwickelt hat und dem Menschen als Bevormundung und Unterdrückung gewaltsam aufgezwungen worden ist. Das Naturrecht manifestiert dagegen nicht nur, dass der Mensch von Natur her einen eigenen Geist besitzt, sondern von daher auch ein naturbedingtes Eigentumsrecht auf Nutzung seines eigenen Geistes.

Dieses Grundrecht gibt den Menschen sich selber als geistig autonomen Menschen zurück. Es nimmt ihn heraus aus aller Bevormundung und Meinungsabhängigkeit. Nicht was der Mensch denkt und glaubt, macht ihn zum eigenständigen Menschen, sondern, soweit der Mensch eigenständig denkt und glaubt, macht ihn das zum frei denkenden, eigenständigen Menschen. Unabhängige, eigenständige Entscheidungsfreiheit ist das Kennzeichen eines autonomen Individuums.

Bekämpft werden müssen deshalb alle jene Kräfte, die die Religion und Theologie immer schon und immer noch benutzen, um die Denkfreiheit des Menschen zu reglementieren, zu zerstören. Sie bekämpfen den denkenden Menschen, indem sie ihre eigenen Denkstufen auf andere hin verabsolutieren und damit deren Weiterentwicklung freier Ideen verhindern, generell die freien Denkabläufe des menschlichen Geistes mit rigiden Maßnahmen im Persönlichen und im Gesellschaftlich-Allgemeinen zu stoppen suchen, verfolgen, verbieten. Das betrifft seit jeher alle weltlichen Machthaber, speziell aber die Religionsbosse und Glaubensinstitutionen, die den Geist der Menschen auf von ihnen gesetzte ideologisch-dogmatische Grenzen beschränken und ihre institutionalisierte Meinung verabsolutieren.

Dagegen hat ein freiheitlich denkender Mensch zu kämpfen. Die Gedanken sind frei! Sie unterliegen nicht der Kontrolle und Freigabe der institutionellen Religionen oder gar der christlichen Kirchen und Konfessionen. Die geistige Autonomie des denkenden Menschen beginnt deshalb auch heute mit der Einforderung seiner persönlichen Religions- und Geistesfreiheit und darüber hinaus immer noch mit der Durchsetzung der Religions- und Geistesfreiheit in der säkularen Gesellschaft generell.

(9) Die Befreiung des Menschen vom Absolutheitsanspruch der Religion und der Theologie

Religion und Theologie als Stufen geistiger Entwicklung der Menschheitsgeschichte zu akzeptieren, ja gar zu würdigen, und ins moderne Denken zu integrieren bedeutet nicht, ihre Erkenntnisstufen absolut zu setzen. Ganz im Gegenteil. Es bedeutet, ihre Erkenntnisstufen prinzipiell in Frage zu stellen und zu relativieren. Gerade weil Religion und Theologie von Menschen erdacht sind, sind ihre Denkergebnisse zeitbedingt und damit total relativ. Keines ihrer religiös-theologischen Geistesprodukte hat Anspruch auf absolute Richtigkeit, auf absolute Gültigkeit, gar auf endgültige Wahrheit. Sie müssen in unserer Welt heute historisiert werden und können so dann aus ihrer Zeit heraus von uns verstanden werden als zeitbedingte Erkenntnisse mit Verfallsdatum. Dabei spielt es gar keine Rolle, worin ihr Wissen besteht. Es betrifft aber vor allem auch ihre Gottesvorstellungen und ihr Menschenbild.

Grundsätzlich gibt es überhaupt keine Erkenntnis, die absolute Gültigkeit hat, nicht einmal in den Naturwissenschaften. Dort sind Erkenntnisse nur solange gültig, bis sie durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse falsifiziert werden. Die naturwissenschaftliche Forschung und damit das Vernunftdenken treibt das Erkennen im Einzelnen und im Gesamten ungebremst nach vorne und korrigiert so ständig altes Wissen. Dies hat auch uneingeschränkt für alle Aussagen der Religion und der Theologie zu gelten. Sie genießen keinen überirdischen Schutz. Der Mensch hat aus dem Jenseits kein absolutes Vorwissen mitbekommen, weder vor der Geburt noch irgendwo im Leben. Der Mensch musste sich alles selbst erarbeiten. Dabei erkennt er häufig, dass das, was vorher gedacht und erkannt wurde, so gar nicht sein kann. Deshalb muss er selber neu nachdenken, etwa darüber, dass der Mensch überhaupt kein von Gott geschaffenes Wesen außerhalb der Natur ist, sondern innerhalb der Natur als Natur entstanden ist. Der moderne Mensch musste und muss nahezu aus allen Denk-Ergebnissen aussteigen, die ihm aus alter Zeit überkommen sind.

Aussteigen muss der denkende Mensch auf Zukunft vor allem aus dem veralteten menschlichen Wahn eines metaphysischen Über-Ich, eines absoluten, jenseitigen Gottes. Gerade weil die Götter und Gott in Religion und Theologie die erste ganz große Erfindung des Menschen waren, hält ihre Behauptung aus einer frühen erkenntnisunsicheren Welt dem objektiven Wissen unserer Zeit heute nicht mehr stand. Indem der heutige Mensch erkennt, dass die Gottesbehauptungen und alle daraus entwickelten Weiterungen ursächlich vergangenen Zeitepochen angehören und von daher im menschlichen Denken immer und immer weiter als gottgegeben mitgeschleppt worden sind, muss er sich diesem religiösen und theologischen Denkdiktat heute radikal entziehen, und damit der Vorstellung, dem Menschen widerfahre von einem Gott her irgendetwas Jenseitiges, gar sei ihm von daher irgendetwas geschenkt worden.

Es ist dem Menschen überhaupt noch nie etwas von außen, von Gott her, geschenkt worden, weder Geist, noch Erkenntnis, noch Frieden, noch Gerechtigkeit, noch Rettung, noch Leben, schon gar kein ewiges Leben. Der Mensch musste sich in allen Zeiten alles selber erkämpfen. Wenn der Mensch etwas gewonnen hat, dann hat er es ganz alleine als Mensch gewonnen. Wo immer der Mensch etwas verloren hat, da hat er es ganz alleine als Mensch verloren. Den Menschen hat noch nie ein Gott geholfen. Er hilft ihm auch heute nicht und wird ihm nie helfen, wie groß die Not auch immer sein mag. Denn es gibt weder göttliches Allwissen, noch Allgegenwart, noch Allmacht, noch göttlichen Glanz und Herrlichkeit, schon gar nicht einen absoluten Gott, der das alles hat. Was es nicht gibt, kann nichts geben, kann nicht helfen. Der Mensch muss begreifen, dass er sich ganz allein nur selber hat und alleine helfen kann.

Mit der geistigen Befreiung aus der Absolutheit des religiösen Denkens aus der Vergangenheit heraus ist der Mensch mit seinem Geist nicht mehr in Selbstaufgabe und Ohnmacht hinten fest angebunden, sondern er wird in geistiger Freiheit nach vorne hin offen. Er ist nicht mehr in die Vergangenheit dogmatisch fest eingemauert, sondern auf Zukunft hin befreit. Er wird frei von Altlasten, die die Menschheit seit Jahrhunderten, ja, seit Jahrtausenden als Erblast alter Denksysteme niederdrücken, und die ihn als einzelnen Menschen oft seit seiner frühsten Erziehung belasten. Die meisten Bewusstseinskrisen, speziell der Konflikt mit Gott, sind ihm von alters her ohne jeden real erwiesenen Hintergrund nichts als eingeredet5. Nicht der felsenfeste Glaube daran ist existentiell wichtig, sondern die Selbstbefreiung davon ist entscheidend, der den Geist frei setzende Erkenntnisschritt, das Alte zu falsifizieren und damit für endgültig erledigt zu erklären.

*11) Mit dieser Einsicht kann heute jeder denkende Mensch befreit sein von dem Absolutheitsanspruch der Religion und Theologie und kann geistig eigenständig nach vorne gehen. Er kann sich selber freisetzen, kann sich selber gestalten. Mit der Befreiung von Religion und Theologie hat der Mensch die Möglichkeit zur geistigen Veränderung. Der Mensch auf Zukunft hin kann ganz bewusst das werden, was er wirklich sein kann und muss: Ein offener autonomer Mensch nach vorn. Wenn der Mensch seine Zukunft neu schaffen will, dann muss er sich vor allem aus den falschen Religionsvorstellungen emanzipieren. Er kann seine geistigen Fähigkeiten unabhängig nutzen. So kann er sich selber als eigenständigen Geist finden und verwirklichen.

Immer mehr Menschen erwachen aus der religiösen Ohnmachtsstarre. Sie leisten Widerstand gegen veraltete Weltvorstellungen welcher Art auch nimmer. Sie fassen endlich Mut, ihre geistigen Fähigkeiten eigenständig zu gebrauchen, um aus sich heraus ein autonomer Mensch zu werden. Wir nennen diese geistige Öffnung die Rationale Geburt des Menschen. Dabei erkennt er, dass alles, was ihn geistig bewegt, sich ausschließlich durch ihn selbst geschieht – im Guten wie im Schlechten. Ganz allein er, der Mensch, ist für seinen Geist verantwortlich. In seiner immer neuen geistigen Öffnung und Veränderung liegt seine Zukunft, die Zukunft seines eigenen Lebens wie die Zukunft der globalen menschlichen Zivilisation.


Zusammenfassung in drei Thesen

These 1: Geist schafft Materie oder Materie schafft Geist? Das ist im abgelaufenen abendländischen Denken die elementare Frage, durch die sich das Wirklichkeitsdenken der Menschen immer wieder polarisiert hat. Diese Frage bestimmt auch heute noch die allgemeine Bewusstseinslage unserer modernen Welt als Kontroverse zwischen der spekulativ-subjektiven Religionsposition und der säkular-objektiven Wissenschaftsposition.

Alle naturwissenschaftlichen Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass die religiöse These Der Geist geht der Materie voraus und schafft die Materie ersetzt werden muss durch die wissenschaftliche Feststellung, die Materie geht dem Geist voraus und schafft den Geist. Diese Erkenntnis definiert nicht nur eine abstrakte Erkenntnisformel, sondern eine Selbsterkenntnis, die den Menschen in seinem persönlichen Daseinsverständnis auf Zukunft hin von Grund auf verändern wird. Der Mensch muss sich aus seinen überkommenen geistigen Bedingungen völlig lösen und auf Zukunft hin ganz neu verstehen lernen.

These 2: Der Mensch ist voll und ganz ein Stück Natur. Sein Geist ist abhängig von der Entstehung und Entwicklung seines Gehirns und damit von der Materie. Mit dem materiellen Wachsen des menschlichen Gehirns sind auch der individuelle Geist und die Welt des Geistes generell immer stärker gewachsen. Der Mensch ist auch durch die Entwicklung seines Geistes mit dem endlos langen materiellen Evolutionsprozess der Erde und des Kosmos insgesamt aufs engste verbunden.

Dennoch ist der Mensch mit seinem Geist ein außerordentliches Stück Natur. Der Geist in allen seinen Erscheinungsformen wie Denken, Erkenntnis, Wissen, Bewusstsein, Vernunft ist das entscheidende Alleinstellungsmerkmal des Menschen in der Natur. Mit dem menschlichen Gehirn hat die Natur zurzeit ihre uns erkennbar höchste Komplexitätsstufe erreicht. Somit steht der denkende Mensch mit seinem Geist an der Spitze aller uns erkennbaren Naturentwicklungen. Gerade auch dann, wenn es anderswo im Kosmos schon materiell höhere Entwicklungen des Gehirns und damit höhere Geistesstufen gibt, liegt es im Menschen, dass auch er Träger von Erkenntnis und Wissen ist. Darin liegt das Additiv des Humanum: Der Mensch ist auch kosmisch Repräsentant geistiger Bewusstwerdung und Selbsterkenntnis.

These 3: Dieser geistige Evolutionsprozess macht naturbedingt einsichtig, dass der Geist selbst nicht statisch ist, sondern nach vorne hin offen. Der Geist ist nicht auf Verschlossenheit nach hinten angelegt, sondern auf Offenheit nach vorn, auf ständige Veränderung. Der Mensch hat sich immer wieder von Gewesenem gelöst, um sich auf Zukunft hin zu öffnen und neu einzustellen. In langer geistiger Veränderung ist der Mensch geworden, was er heute in seiner höchsten Denkfähigkeit darstellt. Der Geist ist auch heute nach vorne offen. Der Mensch muss sich auch heute von Gewesenem lösen, um sich so auf Zukunft hin zu öffnen und neu einzustellen.

Das bedeutet zugleich, dass das Menschsein in sich nie fertig ist. Nichts bleibt endgültig, schon gar nicht ein Geisteszustand. Deshalb sind auch alle menschlichen Erkenntnisse zeitbedingt, sind relativ. Alles unterliegt immer wieder der Veränderung. Alle Gedanken haben durch den ständigen Fortschritt von Wahrnehmung und Erkenntnis ein Zerfallsdatum. Deshalb muss sich der Mensch mit seinem Geist immer erneut der Veränderung stellen. Oft erfolgt die Durchsetzung neuer Denkansätze in radikalen Denkumbrüchen. Geistiger Neuanfang durch Vernunftkritik führt meist zu Krisen mit schmerzhaften Verlusten überkommener Glaubens- und Wertprinzipien, von traditionellem Lebenssinn und Lebenszielen. Einen solchen vernunftbedingten Neuanfang zur geistigen Erneuerung nennen wir Rationale Geburt.

Generelle Schlussfolgerungen

Zukunft. Die menschliche Geschichte ist die Geschichte seines Geistes, seines Denkens und Forschens, seines logischen Planens gerade auch auf weite Zukunft hin. Der Geist unterliegt dabei einem absoluten Denkdruck, der den Menschen unaufhaltsam nach vorne treibt mit immer neuen Fragen und Erkenntnissen und wieder neuen Fragen. Obwohl neue Ideen immer wieder bekämpft und verfolgt worden sind, setzt sich ein vitaler Denkdruck letztlich doch in neuen Erkenntnissen durch. Der Geist der Erkenntnis lässt sich nicht dauerhaft unterdrücken und hinten anbinden. Der Geist drängt offen nach vorn, ist durchsetzungsmächtig. Der Geist ist frei. Der Geist befreit. Der Geist macht frei.

Weil sich der menschliche Geist schon seit seinen frühen Anfängen auch in Gemeinschaft durchsetzt und sich so generalisiert und Menschen kollektiv antreibt, ist auch das Wesen einer Gesellschaft und der Kultur prinzipiell nach vorne offen und damit auf Veränderung angelegt. Die Geistes- und Kulturgeschichte in Religion – Theologie – Naturwissenschaft sind Ausdruck dieser ständigen Veränderung und Weiterentwicklung der Menschen und der Menschheit. Der Geist ist im Zeitgeist im Umbruch, oft in radikalster Form: Große Religionen haben sich so total aufgelöst6. Allgemeingültige Weltbilder sind mit einem Schlag außer Kraft gesetzt worden7. Kulturen als geistig-soziale Einheiten sind untergegangen8, uralte Herrschaftssysteme sind ausgemerzt worden9. Absolut geglaubte Wissenstheorien haben sich mit einem einzigen Erkenntnisblitz relativiert, ja, erledigt10 – wenn sie dem Durchbruch neuer geistiger Entwicklungen nicht standgehalten haben.

Säkulare Welt. Mit den Naturwissenschaften und ihren logischen mathematischen Prinzipien erfolgte der Umbruch besonders extrem in unsere moderne säkulare Welt heute. Nichts wird diese Entwicklung wieder umkehren. Ganz im Gegenteil. Der säkular forschende Mensch hat in den letzten 150 Jahren das alltägliche Leben und die Umwelt wissenschaftlich-technisch völlig neu gestaltet und möbliert. Insgesamt ein gewaltiger Umbruch der sich rapide weiter entwickelt. Die explosionsartige Verbreitung der neuen Kommunikationstechniken markiert als nur ein Beispiel die rasante digitale Globalisierung der Welt und damit den Anstieg der geistigen Kapazität in allen Regionen der Erde und auf allen Gebieten des Denkens. Gäbe es auch nur ansatzweise eine Weiterentwicklung der Technisierung der Welt wie in den letzten 150 Jahren, dann steht die Menschheit vor einem Quantensprung in eine völlig neue wissenschaftlich-technische Zukunft.

Dieser Mensch auf Zukunft hin wird aufs äußerste herausgefordert. Das Tempo der technischen Veränderungen wird immer rasanter, der Zeitraum zur notwendigen Anpassung immer kürzer, der persönliche Zeitdruck damit immer existentieller. Dem modernen Menschen bleibt immer weniger Zeit, sich auf das Neueste einzustellen. Kaum 40 Jahre alt ist die kommerzialisierte Computertechnik mit ihren schier unbegrenzten Lebensweiterungen für alle Menschen bis in die differenziertesten medizinischen Prozesse hinein. In vielen Bereichen hat nur noch tagesaktuelles Wissen Gültigkeit und Mitwirkungsberechtigung. Wer kein aktuelles back-up hat, hat nicht einmal mehr support und ist out. Dabei läuft die Entwicklung der wissenschaftlich-technischen Welt gleichsam aus sich selbst heraus ungebremst und unkontrolliert voran. Es gibt vielerlei gegenläufige Interessen, die sie voranzutreiben. Das birgt in sich viele unberechenbare Gefahren bis hin zu einem totalen Zusammenbruch.

Rationale Geburt. Die dramatische Frage ist, ob der einzelne Mensch in der Lage ist, der modernen technischen Welt mit ihren wissenschaftlichen Prinzipien zu folgen – nicht allein geistig-intellektuell, sondern geistig-existenziell. Die unbedingt notwendige Veränderung liegt deshalb im Ausbau einer humanen Welt. Es muss ein globalisiertes Rechts- und Humansystem durchgesetzt werden, das allen Kulturen und Völker gleiches Existenzrecht garantiert, in dem zugleich jedem einzelnen Menschen ein Lebensrecht mit Grundversorgung und individuellem Freiraum gesichert wird. Das zwingt zur Umsetzung demokratischer Prinzipien von Verfassungsrecht, sozialer Gerechtigkeit und Menschenwürde. Die schärfsten Gegner waren und sind aufgrund ihrer absolutistischen Gottesvorstellungen die institutionalisierten Großreligionen. Deswegen: Ceterum censeo, potestatem religionis esse delendam11: Wenn die religiösen Macht- und Glaubenssystem mit ihrem absolutistischen-monarchistischen Gottesanspruch von dem Prinzip der säkularen Demokratie nicht überwunden werden, wird es auch in Zukunft eine autonom freiheitliche Menschheit nicht geben.

Der Zukunftsmensch steht deshalb gerade auch geistig-existentiell vor einem eigenen Quantensprung, vor einer Rationalen Geburt. Der Mensch wird sein säkulares Denken in der wissenschaftlich-technischen Forschung und Welt konsequent umsetzen müssen in ein konsequent-säkulares Denken im geistig- existentiellen Leben. Er wird das säkulare Denken der technischen Forschung und Welt einbinden müssen in einen konstruktiven geistig-sozialen Wandel. Der Mensch muss allen Ballast der Hinterwelt abwerfen, das heißt, er muss sich von allem lösen, was ihn geistig-traditionell in seiner Öffnung nach vorne hindert und versperrt. Er wird alle veralteten, transzendenten Glaubensmodelle aufgeben müssen. Er wird sich lösen müssen von dem, was ihn geistig-traditionell an die Hinterwelt fesselt. Die denkenden Menschen haben durchsaus aus ihren weltlich-geistigen Fähigkeiten heraus alle Chancen, die unsere moderne Zivilisation zu retten, ja, die Zukunft der Menschen für alle Menschen positiv zu gestalten.

Der Wissenschaftsmensch ist für seinen geistigen Standard absolut selbst verantwortlich. Er muss mit aller geistigen Energie an sich selbst arbeiten. Wer sich in der sich verändernden Welt geistig nicht verändert, schließt sich selber aus. Wer sich intellektuell nicht mit nach vorne entwickelt, hängt sich selber ab. Wer meint, er könne sich der gesellschaftlichen Mitverantwortung entziehen und müsse sich mit seinem Verstand nicht anstrengen, der verliert den festen Boden unter den Füßen. Die neue Welt braucht an jeder Stelle Menschen, die die Veränderungen verantwortungsbewusst mittragen. Nur der überlebt, der sich geistig mutig verändert, the fittest. Deshalb das positive Ziel:

Der zukünftige Mensch wird Atheist werden in seiner Natur- und Welterkenntnis.

Als Atheist wird der Mensch utilitaristischer12 Humanist werden
in seiner Lebensgestaltung und in seiner Gesellschaftsverantwortung
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Autor: Paul Schulz

  1. Gerhard von Rad, Das erste Buch Mose, ATD, Göttingen, 1961, Seite 62.
  2. Neue Schreibweise: Wir sprechen und schreiben grundsätzlich nicht mehr
    vor Christus 
    oder  v. Chr.
    Vor alle Daten vor der Zeitenwende Null
    setzen und sprechen wir ein Minuszeichen, also
    im Jahr -600
     oder nur  -600.
  3. Diese Feststellung richtet sich gerade auch an Atheisten. Ihr ständiges Pöbeln gegen Religion und Theologie ist kein abendfüllendes Programm. Es wird allerhöchste Zeit, dass der aktuelle Atheismus ein geistesgeschichtlich angemessenes Verhältnis zur Religion und Theologie entwickelt und damit zu den Grundlagen seiner eigenen geistigen Vergangenheit.
  4. Der Schutz der Religion als persönliche Glaubensfreiheit steht in allen westlich-säkularen Verfassungen, allen voran auch in der MENSCHENRECHTSERKLÄRUNG DER UNO von 1949 und in der GRUNDSATZERLÄRUNG DER EU-CHARTA von 2007. Der Schutz der institutionellen Religionsgemeinschaft ist in Deutschland im generellen Körperschaftsrecht gewährleistet.
  5. Siehe dazu das große Problem der dauerhaften Nachwirkungen falsifizierten Wissens. Die elementare Kritik des Erkenntnistheoretikers C. Loft im Mittelalter in Diskurs 04.07: XXXXXXXXXX
  6. Allen voran die große griechisch-römische Zeus/Jupiter-Religion mit ihrem gewaltigen Götterolymp. Sie wurde zur historischen Theater-Attrappe. Nicht die christliche Religion, die alt griechische Vernunftphilosophie hat sie zerrieben.
  7. Vor allem das ptolemäische Weltbild, in dem Gott gewollt die Erde im Mittelpunkt des Kosmos stand. Nikolaus Kopernikus hat es mit seinen mathematischen Berechnungen im 10. KAPITEL seines DE REVOLUTIONIBUS ORBIUM CAELESTIUM –  ÜEBR DIE UMLAUFBEWEGUNGEN DER HIMMELSKÖRPER (1522 geschrieben, 1543 veröffentlicht) k.o. geschlagen wie ein Boxer seinen Gegner in der 10. Runde.
  8. Nicht nur das mächtige Imperium Romanum. Auch das stolze riesige spanisch-christliche Weltreich, in dem Anfang des 16.Jahrhunderts unter Kaiser Karl V die Sonne nicht unterging.
  9. Das gesamte monarchistische Herrschaftssystem von Gottes Gnaden, all die Kaiser, Könige, Fürsten und adeligen Autokraten im Namen Gottes, die Letzten 1919 in einem Massensturz quer durch Europa. Der letzte Überlebende dieser Art ist immer noch der Herrscher im Vatikan.
  10. Dramatisch-abenteuerlich die christlich dogmatisierte Vorstellung der Erde als ein Scheibe durch das Seefahrerexperiment von Christopher Columbus 1492.
  11. Dem berühmten Ausspruch von Cato dem Älteren (-234 bis-149) nachgebildet, der die Römer vor der Macht Karthagos mit diesem von ihm ständig wiederholten Ausspruch warnte: Ceterum censeo Carthaginem esse delendam. Abermals sage ich: Karthago muss zerstört werden. Unser Text: Die institutionalisierte Macht der Religion muss zerstört werden.
  12. Wir gebrauchen hier ganz bewusst diesen strengen Fachausdruck, um jede Gesinnungsduselei mit dem Begriff Humanismus auszuschließen. Utilitaristisch bedeute nützlich. Es meint philosophisch: Ein ethischer Wert ist nur dann ein anzuerkennender Wert, wenn er dem Einzelnen oder der Gesellschaft, am besten beiden, nützt.