ATHEODOC

Das Internetportal für moderne Aufklärung

Einleitung II.

Abgrenzung
gegen Religion und Kirche

(1) Natürlich ist unsere moderne Welt heute ganz anders als die Welt Diderots und seiner Freunde vor 260 Jahren.

Vieles scheint heute von dem verwirklicht, was die Autoren der DIDEROT-ENZYKLOPÄDIE und ihre Leser damals für sich und die Zukunft erhofften. Zumindest sind in unserer abendländisch-westlichen Welt Grundbedingungen wie Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte prinzipiell anerkannt und weitgehend durchgesetzt. Dass dabei die Durchsetzungen auch nur kleinster säkularen Veränderungen fast immer radikale Kämpfe erforderten, zeigt, wie schwer Aufklärung ist. Oft verwirklichte sich der geistige und gesellschaftliche Wandel nur unter entsetzlichem Blutvergießen. Dabei waren Religion und Kirche fast immer die Hauptverweigerer der Veränderungen. Sie haben allem entgegengestanden, was das säkular-nichtchristliche Abendland neu entwickelt hat: Gegen die Demokratie. Gegen die Denkfreiheit des Individuums. Gegen die Menschenrechte.

(2) Immer noch spielen in unserer Welt heute Religion und Kirche geistig und gesellschaftlich eine Anti-Rolle.

Machtsymbol des Islam

Ein ganz großes Problem unserer Welt ist auch heute noch der Kampf der Kulturen als Kampf der Religionen. Das meint nicht nur den Kampf der Kulturen gegeneinander: Islamische Welt gegen Christentum, christliche Welt gegen Islam. Das meint vor allem auch den Religionskampf der Kulturen in sich selber. Der arabische Islam ums Mittelmeer bekämpft sich selbst gerade wieder in der alten religiösen Konfrontation des fundamentalistischen und modernen Islam wie seit Jahrhunderten Schiiten gegen Sunniten. In der westlichen Welt ist erneut ein christlicher Fundamentalismus entstanden. Iin Amerika haben die Kreationisten mit Berufung auf die Absolutheit der Bibel den Kampf gegen die Moderne, speziell gegen die Evolutionstheorie Darwins, ausgerufen und damit gegen die gesamten Naturwissenschaften. Sie reißen auch in Europa alte Fronten auf und versetzen die westliche Welt zurück ins tiefste Mittelalter.

Machtsymbol des Christentums

Nicht nur der Islam ist also auch heute noch die totale Antimacht gegen die Aufklärung der Menschen. Auch die christlichen Kirchen der westlichen Welt. Mit ihrem monarchistischen Gottesbild steht die christliche Religion absolut konträr zur Demokratie, mit ihrem anthropomorph-jenseitigen Schöpfungsglauben konträr zu allen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, mit ihren Absolutheitsanspruch göttlicher Gebote konträr zu einem von Menschen autonom verantwortetes Leben. Ähnlich konträr ist ihre Behauptung der Erbsünde des Menschen, ihre Vorstellung vom göttlichen Weltgericht, von Hölle und ewigem Leben. Nichts von diesen uralten Dogmen ist von ihnen durch die Aufklärung wirklich zurückgebaut oder gar aufgehoben worden. Im Gegenteil.

Sie gaukeln den Menschen vor, dass die Probleme der Zukunft am besten mit ihren überholten Glaubensmodellen gelöst werden könnten und zwingen die Menschen generell unter ihre Himmelsautorität. Dafür ein konkretes Beispiel für alle: Die Zahl der Menschen ist gerade auf sieben Milliarden Menschen angewachsen mit weiterhin explosionsartiger Steigerung. Ein dramatisches Grundproblem der Zukunft der Menschheit. Geradezu verbissen behauptet der Papst trotzdem das Verbot der Geburtenkontrolle als Gottes Willen und verbietet selbst Kondome. Wie in diesem Beispiel erweist sich der Papst immer wieder als Feind der modernen Gesellschaft, als Irrlehrer der jungen Generationen, als fossiles Relikt eines ansonsten in Europa überwundenen monarchistischen Bevormundungssystems. Eine solche Kirche und institutionelle Religion ist für unsere aufgeklärte Gesellschaft das Problem in sich selber. Sie ist die Antimacht der weltlichen Vernunft.

(3) Potestatem religionis et ecclesiae esse delendam – Der institutionalisierten Religion und Kirche muss die Macht über die moderne Welt genommen werden.

Nicht ihr Recht auf Betreuung ihrer Mitglieder in ihren eigenen Gemeinden. Dieses Recht ist der Kirche vom säkularen Staat uneingeschränkt garantiert. Das Recht aber auf weltweiten offenen Widerstand gegen Entscheidungen demokratisch verfasster Rechtsstaaten. Der große Aufklärer Voltaire (1694-1778) zurzeit Diderots hat mit seinem berühmten Écrasez l´infame – Zermalmt die Unverschämte1 (Kirche) seine Zeitgenossen damals gegen den Machtanspruch der Kirche aufgerufen. Voltaire war dabei nicht einmal Atheist. Er war auch nicht Demokrat. Er fühlte sich nur ganz allein seinem Vernunftdenken verpflichtet und seinem Anspruch auf die Autonomie seiner Person. Sein Écrasez l´infame damals fordert auch heute die Menschen auf zum Widerstand gegen die Macht der Kirche über die Menschen: Die Kirche verführt die Menschen. Sie führt sie hinters Licht. Sie schwächt die Menschen in ihrem notwendigen Willen zur Veränderung.

(4) Um nicht missverstanden zu werden: Das Grundrecht auf Religionsfreiheit ist jedem einzelnen Bürgern vom säkular verfassten Staat rechtstaatlich garantiert.

Der Bürger hat die Freiheit, seinen eigenen Glauben zu leben wie er es selber möchte. Dieses Grundrecht auf persönliche Religion und Religionsausübung haben nicht die Religionen oder die Kirchen geschaffen, sondern ausschließlich die Demokratien als säkular-verfasster Rechtsstaat. Von den Religionen, etwa vom Islam, wird dieses menschliche Grundrecht auch heute keineswegs überall respektiert. Von den Kirchen in Europa nur deshalb, weil ihnen der säkulare Staat vor 200 Jahren das Schwert aus der Hand genommen und sie an die Kette einer humanen Verfassung gelegt hat. Jeder Atheist wird dabei als Demokrat für dieses Grundrecht der freien Religion kämpfen, gerade auch dann, wenn dieses Recht durch die Religion selbst in Frage gestellt wird.

(5) Darüber hinaus haben die europäischen Staaten in der CHARTA DER EUROPÄISCHEN UNION von 2007 folgende grundsätzliche Feststellung zur Religion getroffen: Die westliche Kultur heute ist eine in sich autonome Kultur ohne bindende Verpflichtung speziell gegenüber der christlichen Tradition und Gottesvorstellung.

Diese EU-Erklärung hat zwar nicht den höchsten Rang eines europäischen Verfassungstexte erlangt, weil vor allem die erzkatholischen Oststaaten, allen voran Polen, das verhindert haben. Dennoch ist nach über zehnjähriger Grundsatzdiskussion dieser Text als klare Willensäußerung der europäischen Zentralstaaten – Frankreich, Italien und auch Deutschland – verabschiedet worden. Generell hat dieser Text zumindest den Status einer staatsverpflichtenden Empfehlung.

Im Sinne und im Bezug auf diese EU-Präambel kämpft ATHEODOC für die Durchsetzung und Verteidigung eines säkularen Menschenbildes, für eine säkulare Gesellschaft, für einen säkularen Staat, für ein säkulares Abendland, für eine säkulare Weltordnung. Gerade angesichts einer immer stärker werdenden Rückwärtsbewegung innerhalb der Europäischen Union ist von den Atheisten umso dringender die derzeitige gezielte Verschleppung der Säkularisierung anzuklagen und die schnelle Durchsetzung der EU-Erklärung gegen die staatliche Religionsbindung auf Zukunft hin einzufordern
– speziell von den Politikern der zentraleuropäischen Staaten.

  1. Voltaire hat viele seiner Briefe, die er aufgrund seiner reichen Korrespondenz nach ganz Europa verschickt hat, mit diesem Écrasez l´infame als letzten Satz unterschrieben.